Freitag, 13. Januar 2012

Der Traum vom Anti-S&P

Europä hätte so gerne eine eigene Ratingagentur. Schließlich war in der letzten Zeit der Ärger über die US-Branchenriesen sehr groß. Doch auch Jahre nach Lehman gibt es immer noch keinen Durchbruch.



Der Deutschen Umweltstiftung ist einiges zuzutrauen. Immerhin verantwortet sie das Projekt "Ein Baum für jedes Kind". Zudem verleiht sie seit 1989 in unregelmäßigen Abständen den Buchpreis "Lesen für die Umwelt". Aber genügen solche Referenzen, um Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch anzugreifen?
Man wird es bald erfahren. Kürzlich hat die Stiftung nämlich die Initiative Enra ins Leben gerufen. Das Kürzel steht für Europäische Nachhaltige Ratingagentur. Mehrere deutsche Banken haben bereits ihre Unterstützung signalisiert.
Die Umweltstiftung als Ratingagentur - nein, das ist kein Scherz. Stattdessen mutet das Unterfangen sogar zeitgemäß an. Schließlich gehört es neuerdings zum guten Ton, eine eigene Bonitätsfirma zu gründen. Die Liste der Akteure, die sich derzeit unter dem Label "Europäische Ratingagentur" herumreichen lassen, ist verblüffend lang. Sie reicht vom Beratungsunternehmen Roland Berger über die Bertelsmann-Stiftung bis hin zur sogenannten Eacra-Plattform. Und fast monatlich kommt eine neue Initiative hinzu.



RWE

RWE forciert Verkauf von Tochterfirmen

Exklusiv Die Energievertriebstochter Süwag steht kurz vor der Abspaltung. Ein kommunales Konsortium hat auf das Unternehmen geboten. Der Gesamtwert des zu verkaufenden Aktienpakets liegt bei mindestens 800 Mio. Euro. von Michael GassmannDüsseldorf
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RWE treibt sein Milliardenprogramm für Beteiligungsverkäufe voran. Die Trennung von der Frankfurter Vertriebstochter Süwag geht nächste Woche in die Endrunde. Zur Wochenmitte will RWE einem kommunalen Konsortium, das an der Übernahme des RWE-Pakets von 77,6 Prozent der Süwag-Anteile interessiert ist, seine Preisvorstellungen präsentieren. Das bestätigten mehrere Kommunalpolitiker. Der Gesamtpreis für das Aktienpaket liegt nach Schätzungen bei mindestens 800 Mio. Euro. Eine RWE-Sprecherin bestätigte lediglich: "Wir haben den Verkaufsprozess angestoßen." Zu Zeitplan und Preis wollte sie nichts sagen.
Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern will bis Ende 2013 Beteiligungen im Wert von 11 Mrd. Euro losschlagen. Vorstandschef Jürgen Großmann hatte das Erlösziel von ursprünglich 8 Mrd. Euro kürzlich angehoben, um der Gefahr einer Herabstufung durch die Ratingagenturen zu entgehen.
RWE-Chef Jürgen Großmann RWE-Chef Jürgen Großmann
Um Süwag bewerben sich neun Städte und Kommunalunternehmen, die sich Anfang dieser Woche zu einem Bieterkonsortium zusammengeschlossen hatten. "Wir werden jetzt mit RWE in Verhandlungen eintreten", sagte ein Sprecher des Frankfurter Stadtkämmerers Uwe Becker.
Die kommunale Gruppe besteht aus Süwag-Minderheitsaktionären, die deshalb über ein Vorkaufsrecht verfügen. Frankfurt ist derzeit mit knapp sechs Prozent der Anteile zweitgrößter Süwag-Aktionär nach RWE. Allerdings beteiligt sich nur knapp die Hälfte der 16 kommunalen Minderheitsaktionäre an dem Vorstoß. "Wir hoffen, dass weitere dazukommen", sagte Gerhard Maxeiner, Bürgermeister der ebenfalls an dem Konsortium beteiligten Stadt Diez.
Für Süwag mit seinen 750.000 Strom- und Gaskunden interessierten sich nach Brancheninformationen auch ausländische Unternehmen wie Frankreichs EDF und Gazprom aus Russland. Wahrscheinlicher sei aber, dass die Kommunen zum Zuge kommen. Andernfalls könnten sie RWE künftig bei der Vergabe von Konzessionen für Strom- und Gasnetze ausgrenzen. "Das ist eine starke Waffe", hieß es. Nach dem Verkauf des Essener Stromerzeugers Steag und der Stadtwerke-Holding Thüga wäre der Süwag-Verkauf einer der größten Schritte zur Rekommunalisierung.